Am Freitag beschlossen wir, mit der berühmten Straßenbahn Nr. 22 (wir hatten ja ein Tagesticket um CZK 110,-- zur Buchung dazubekommen) zum 318 m hohen Petrin-Hügel (Laurenziberg) auf der Prager Kleinseite zu fahren. Natürlich mußten wir für die Funiculare (eine Standseilbahn von 1891) wieder Schlange stehen, dann ging es rasch den Berg hinauf. Dort kann man im Grünen herumspazieren und kommt zum sog. Aussichtsturm Petrin, ein 63,5 m hoher Gußeisenturm aus dem Jahre 1891. Er ist eine verkleinerte Nachbildung des Pariser Eiffelturms und wurde anläßlich der Industrieausstellung im August 1891 eröffnet. Ganz oben befindet eine Aussichtsplattform, die einen schönen Rundblick bietet. Wir haben den Aufzug hinauf genommen und uns die 299 Stufen erspart. Allerdings war der Aufzug nichts für Personen mit Klaustrophobie (sehr eng und unheimlich, immer nur für 5 Personen).
Bei der Standseilbahn. Rechts: Parkanlagen auf dem
Petrin-Hügel.
Aussichtsturm von 1891.
Anstellen beim Aufzug, rechts das Ungetüm (sehr unheimlich).
Ausblick von der Plattform: Kloster Strahov links, Moldau-Brücken rechts.
Blick zum Hradschin links, rechts das Spiegelkabinett (1891) und Hl. Laurentius-Kirche
(Barockstil).
Kleinere Nachbildung des Eiffelturms.
Spiegellabyrinth links, Durchgang durch die Umfassungsmauer rechts.
Funiculare (Talfahrt), Ausblick während der Fahrt auf den Hradschin.
Dann fuhren wir weiter mit der Linie 22 auf den Hradschin, den Burgberg, und wieder Millionen von Touristen. Ein Blick in den Veitsdom, anschließend wanderten wir zum Palais Lobkowitz (ursprünglich aus dem 16. Jhdt., heute ein Barockpalais, auf dem Hradschin gelegen), wo wir ein Ticket für das Museum zur Buchung bekommen hatten. Vorher mußten wir uns allerdings stärken, denn es war sehr heiß und daher alles sehr anstrengend. Im Café des Palais Lobkowitz ist es immer angenehm, die wunderschöne Terrasse mit Blick auf die Altstadt, ein großer Innenhof, im Inneren geschmackvolle Räume. Wir aßen einen traumhaften Apfelstrudel (mit Vanillesoße und Schlagobers, einer Physalis/Kapstachelbeere als Dekoration) und tranken Kaffee dazu, ein großes Glas Wasser wurde uns ebenfalls ohne Problem oder Zusatzkosten serviert.
Veitsdom, Burghof.
Dom St. Veit (gotisch): Türme bis zu 96,5 m hoch,
1344 Grundsteinlegung für die größte Kirche Prags
durch Karl IV, vollendet erst 1929. Architekten im 14.
Jh.: Matthias von Arras, Peter Parler.
Trichter-Portal mit Fensterrose, innen Hochchor, Netzrippengewölbe.
Blick von der Terrasse des Cafés im Palais Lobkowitz, vorzüglicher
Apfelstrudel.
So gestärkt besuchten wir das interessante Museum der Familie Lobkowitz mit zahlreichen Gemälden, Porzellan (zB das älteste komplett erhaltene und aus 150 Teilen bestehende Delfter Geschirr), Waffen, Möbeln, ein Vergnügen, alles ausführlich zu besichtigen. Das Lobkowitz Palais ist eines der schönstem Museen, weil in einem historischen Adelspalast befindlich. Mittels Audiotour wird man durch die Geschichte der Familie geführt. Das Museum ist in zwei Etagen gegliedert, in der ersten Etage sieht man Bilder von Familien-Mitgliedern, Porzellan, Waffen und Rüstungen, die zweite Etage zeigt zB Orginalmanuskripte von Mozart und Beethovens 5. Symphonie, sowie herrliche Gemälde von Lukas Cranach, Pieter Bruegel d. Ä., Velazquez und Canaletto. Die Gestaltung der Räume mit historischen Möbeln ist besonders hervorzuheben, ebenso der Blick aus den Fenstern auf Prag.
Grundriß des Palais, Räume im 1. Stock: Portraits.
Bildnis eines Ordenritters vom Goldenen Vlies und seiner Frau, 16. Jhdt.
Bildnis Don Garcia de Mendoza, 16. Jhdt. (von der Malerin Sofonisba Anguissola).
Im Hintergrund zwei Portrait-Krüge, 17. Jhdt., Sizilien, davor Majolica-Teller,
1530, Urbino, mit Geschichte Diana und Acteon.
Rechts Geschirr mit Wappen der Pernstein-Familie (Schwarzer Bulle).
Wunderschöne Muschel, 17. Jhdt., Waffensammlung.
Pieter Bruegel d. Ältere, "Die Heuernte", 1565.
Canaletto, "The River Thames With St. Paul`s Cathedral on Lord Mayor's
Day", 1746.
Räume im 2. Stock mit historischer Ausstattung.
Links die Schlösser der Familie Lobkowitz, rechts Musiksalon, 17. Jdht.
Deckenfresko.
Erker, rechts Familienkapelle.
Terrasse mit Ausblick auf die Kleinseite.
Anschließend wanderten wir wieder über den ganzen Hradschin (Burgberg) zurück auf die andere Seite des Burggrabens, wo ein weitläufiger Park (Königsgarten) zum Ausruhen einlädt. Wir wollten das Belvedere, ein schöner Renaissance-Bau, sehen. Es handelt sich dabei um ein Lustschlösschen der Königin Anna Jagiello (aus dem Geschlecht der Jagiellonen, sie gebar 15 Kinder und starb mit 44 Jahren nach der Geburt des letzten Kindes am Kindbettfieber) aus den Jahren 1538 - 1560. Es wurde ihr von ihrem Gemahl Ferdinand I, ein Bruder Kaiser Karl V, errichtet. Ferdinand I erwarb 1526 die böhmische Krone für das Haus Habsburg.
Parkanlage vis-à-vis des Hradschin, Blick auf den Burggraben mit Verteidigungstürmen
und Zinnenmauer und den Veitsdom.
Das Belvedere: Lustschlösschen der Königin Anna.
Umfangreiches Bildprogramm im Fries, in den Zwickeln und auf den Sockeln.
Sockel mit Darstellung von Äneas, Anchises und Ascanius auf der Flucht
aus dem brennenden Troja.
Mitte und rechts: Singender Brunnen, 1564. Der Name kommt vom Klang der Wassertropfen
auf dem Metall der Schalen.
Belvedere von der Straße aus.
Danach fuhren wir hinunter zum Waldstein Palais mit seinen zauberhaften Gärten. Es wurde im 17. Jhdt. errichtet und besitzt eine schöne Loggia mit Stuckdekorationen und Fresken. Vor der Loggia liegt der Giardinetto mit Brunnen und einer Venus-Statue. Die herrlichen Bronze-Figuren entlang des Weges stammen von Adriaen de Vries. Im großen Teich steht eine Herkules-Statue. Die Venusfigur, wie auch sämtliche Figuren de Vries’ wurden im Jahr 1648 gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges bei der Plünderung Prags durch schwedische Truppen als Kriegsbeute nach Stockholm verbracht und befinden sich heute im Garten des königlichen Schlosses Drottningholm. Die Venus konnte zwar 1889 zurückgewonnen werden, befindet sich aber seitdem in der Prager Burggalerie. Im Garten des Waldsteinpalais sind Abgüsse der originalen Skulpturen aufgestellt.
Nach diesem umfangreichen Programm kehrten wir geschafft ins Hotel zurück.
Palais Waldstein am Fuße des Hradschin. Großer Teich mit Herkules-Brunnen.
Blick zur Loggia, die berühmten Bronzefiguren (heute Kopien).
Erst beim Umschreiten entdeckt man die hohe Qualität der Skulpturen Adriaen
de Vries.
Loggia mit Stuckdekoration und Fresken (Meerjungfrauen und Tritonen). Hier wurden
rauschende Feste gefeiert.
Innenhof des Palais Waldstein, heute Regierungsgebäude.